amsterdam Frauenzimmer
Donnerstag, 26. Oktober 2006
Der Zahn der Zeit
Ich habe einen Kollegen, der mitunter verblüffende Weisheiten zu verkünden hat. Manche mögen sie für chauvinistisch oder machismo halten. Dennoch: Es wohnt seinen geistigen Extrakten eine nicht zu leugnende Wahrheit inne. Meistens jedenfalls. Ein Beispiel: "Such' Dir 'ne junge Frau, alt werden sie von alleine!"

Nun, ich tat wie mir mir geraten, baute aus Sicherheitsgründen gleich eine ganze Dekade Altersabstand in die neue Zweisamkeit ein und freute mich an IHRER >> zu ihrem Blog Jugend.

Die Himmel hing voller Geigen. SIE präsentierte sich als wahrer Jungbrunnen, stellte mein Leben auf den Kopf - schlimmer als dies junge Katzen oder Hunde können, bevölkern sie plötzlich deine vier Wände. Ich sah mich voller Weisheit, steckte sogar wacker meine gelegentlichen Rückenschmerzen weg, damit sie nicht befürchten musste, einem Greis auf den Leim gegangen zu sein.

Dies ging ganze sechs Wochen gut. Sicher, ab und an konnte SIE sich nicht daran erinnern, wo sie ihr Handy liegengelassen hatte oder wo sich aktuell irgendwelche "ganz wichtigen" Papiere befanden. Ich schob es auf die jugendliche Sprunghaftigkeit, die nicht immerfort nach altväterlicher Ordnung und Struktur schreit.

Doch jetzt! SIE verliert ihre Zähne!!! Na gut, es war nur einer, ein halber vielmehr, korrekterweise - ja - nur eine Ecke. Dennoch: Was wird als nächstes geschehen? Wird SIE schon bald nach Bibernachthemden und Wärmflasche verlangen, wenn sie sich völlig schlapp um kurz nach sieben Uhr abends gen Schlafzimmer schleppt? Wird SIE nur noch nach Kamillentee lechzen? Nach Ruhe? Wird IHR Hausarzt der einzig wahre Vertraute sein, weil er weiß, wie man Gicht und Rheuma vertreibt oder Wechseljahrsbeschwerden??? 'SIE ist doch noch so jung!' dachte ich.

Dann kommt SIE vom Zahnarzt zurück, flötete etwas von "Alles wieder ok" und "Hat gar nicht wehgetan", tanzt dabei über's Parkett wie eine Elfe. Zuvor hatte sie einen Trauermarsch vom Feinsten für mich parat, das Ende schien nahe ob des abgebrochenen Zahns. Der rasche Sinneswandel ließ mich schwindeln. Ich zu IHR: "Ich glaube, ich werde alt." SIE zu mir: "Das bist du schon!" Und dann lächelt sie entwaffnend.

Ja, alt werden sie von allein. Aber man(n) altert mit Ihnen. Und zwar täglich! Vor allem dann, wenn die Zahnecke sich auf dein Laptop verirrt und du bei Bloggen darauf stößst.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Dienstag, 24. Oktober 2006
Verkehrte Welt - Männer und Frauen
Manchmal mach' ich mir so meine Gedanken - ja, das tun sogar Männer! Obwohl: Gerade das ist das Problem. Irgendwie klappt das nicht mehr mit den Geschlechtermustern - und das gerade jetzt, wo doch eine Wiederbelebung der Ausdifferenzierung von Männlein und Weiblein stattfindet.

Klar, SIE >> zu ihrem Blog findet schlecht nach Haus' (mit dem Auto). Klar, SIE kauft gerne Handtaschen und Schuhe. Klar, sie liebt das Shopping allgemein. Klar, SIE träumt von Robbie Williams.

Aber sonst? SIE braucht einen Bügelkurs (zumindest hatte sie den zu Beginn unserer Bloggerei dringend nötig). SIE kocht "Joghurt-Wiener" (ich wusste gar nicht, dass es so ein scheußliches Fleischwaren-Produkt überhaupt gibt), bis sie platzen. SIE war früher ständig bei Bayern München im Stadion.

Und ich? Spülen, Putzen, Wäsche waschen - ich mach' das wirklich gerne. Und Fußball? Fehlanzeige. Selber kochen? Ja, bitte!!!

Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich bin kein androgyner Softie, der ständig mit seiner Mama telefoniert und nur in Aloe Vera getränkte Papiertaschentücher benutzt. Und sie ist auch kein Latzhosen-Monster mit Kurzhaarschnitt und einem Mark erschütterten Bariton. Ganz im Gegenteil ... Aber ich will da nicht ins Detail gehen.

Ist das also die viel beschworene Post-Postmoderne, in der sich alles dreht, windet und verändert, bis man(n)/frau, sich nicht mehr auskennt? Naja, ganz so schlimm ist's sicher nicht. Vielleicht einfach die neue Normalität. Doch genug der Gedanken! Ich muss jetzt Schluss machen, weil sie schon wieder überall ihre Klamotten verstreut hat. Außerdem hat sie garantiert Hunger - und wenn das Essen nicht pünktlich auf dem Tisch ist....

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 18. Oktober 2006
Telefonitis oder Die lange Nacht der Moderatorin
Ich gehöre zu den Menschen, die gerne Radio hören. Sehr gerne sogar. Ich lausche selbst dann noch, wenn die Beiträge wortreich sind und länger als die üblichen 1’50 dauern. SIE >> zu ihrem Blog ist auch so eine Art Moderatorin, geht voll Leidenschaft auf Sendung, ihr Funkhaus ist das Handy, ihr Hörerstamm sind – natürlich – ihre Freundinnen.

Meist ist SIE abends on air. Dann haben ihre Freundinnen viel Zeit, sehr viel Zeit sogar. Und sie sind ein treues Publikum, stören fast nie durch Gegenfragen und haben ein trainiertes Ohr. Dann erfahren sie, wie SIE beispielsweise meinen beige-farbenen Fußbodenbelag nachts zuvor in ein expressionistisch-sattes Rotwein-Rot umgestaltet hat.

Man(n) ist irgendwie auch mit von der Partie, weil man(n) ja im Nebenzimmer noch am Laptop sitzt und beispielsweise diesen Blog tippt. Gut nur, dass die Nächte wieder länger werden und SIE auch weit nach Mitternacht nicht in Gefahr läuft, plötzlich vom Morgengrauen im Redefluss gestoppt zu werden.

SIE nimmt dabei auf dem Ledersofa im Wohnzimmer eine ganz besonders bequeme Haltung ein, sozusagen die Sendestellung. Und dann raucht der Äther, denn ihr Handyvertrag erlaubt ununterbrochenes Plaudern ins Festnetz. Ihr Mobilfunkanbieter wird sicher demnächst eine gerüttelte Pleite hinlegen. Gut nur, dass ich all meine Rundfunk-Aktien schon vor Jahren verkauft habe.

Neulich habe ich mir überlegt, das Akkuladegerät für ihre Sendestation zu verstecken, schließlich haben Mobiltelefone nur eine begrenzte Betriebsdauer unter Volllast. Aber SIE würde mich sicher sofort verdächtigen. Und ich bin ein schlechter Lügner. Also werde ich ihr weiterhin nur liebreizende Blicke zuwerfen, bis sie entnervt ihr Telefon zuklappt. Auch Männer haben Waffen, auch wenn die erst nach Stunden ihre Wirksamkeit entfalten....

... link (1 Kommentar)   ... comment