amsterdam Frauenzimmer: 2006-10-14
Samstag, 14. Oktober 2006
Der Bügelkurs
Seit drei Tagen sitzt sie - völlige Unschuld mimend - stundenweise an meinem Laptop und posted, was in meinem Leben mit ihr und rund um diese vier Wände geschieht. Der Mann, in diesem Fall also wohl ich, wird so zum Studienobjekt weiblichen Forscherdrangs. Mit den bekannten Folgen: Hohn und Spott >> zu ihrem Blog, während sie mit zuckersüße Botschaften zuflötet;-)

Doch hier ist sie meine Rache: Von nun an werde ich dagegen halten. Darum heute also...

"Der Bügelkurs"

"Ich werde bei der Volkshochschule einen Bügelkurs belegen und dieses Hemd mitnehmen. Dann sollen die doch mal sehen..." "Bescheuertes Hemd!" "Dann kommt er nach Hause und schmeißt das Teil nach einmal Tragen in die Wäsche!" "Das sieht zwar saugeil aus, dafür braucht man ein halbes Wochenende, um es glatt zu kriegen." So geht das jetzt seit etwa eineinhalb Stunden.

Ich hab' sie wirklich nicht gezwungen - zum Bügeln. Sie hat sich frei dazu entschieden, an diesem wunderbaren Oktobersamstagnachmittag. Sie griff zum heißen Eisen und eine gefährliche Verwandlung griff um sich. Sie, die sonst so sanft und lieblich meine Tage mit Zimt bestäubt, wütet wie ein Derwisch am Bügelbrett, faucht und kreischt - üble Zoten verlassen ihren wohlgeformten Honigmund. Das alles geschieht im Arbeitszimmer, während ich in Wurfweite des Plättgeräts Deckung hinter dem Laptop-Bildschirm suche. Ist sie bereit zu töten? Werde ich zum Opfer ihrer Marter werden? Sind jetzt meine Falten Ziel ihrer heißen Wut? Eine nicht ganz unbegründete Furcht beschleicht mich, schließlich ist es ja mein Hemd, das hier den Anlass für ein tosendes Tribunal gibt, welches sonst wohl nur in Dritte-Welt-Diktaturen zu vermuten wäre. Es findet indes - wie gesagt - hier in meinem/unserem Arbeits-/Blogger-/Bügelzimmer statt.

"Hier um die Ecke gibt's eine Wäscherei!" Das Urteil ist verkündet. Das Hemd wandert auf den Bügel, faltenlos - aus meiner Perspektive. Sie verlässt den Tatort mit Tatwaffe (Bügeleisen) und Opfer (Hemd) in Richtung Schlafzimmer. Ich werfe ihr einen verschüchterten Blick hinterher. Jetzt bloß keine falsche Bemerkung.

Ich bin noch am Leben. Sie sitzt im Wohnzimmer und löffelt (mit Wonne?) einen Wellness-Joghurt. Nichts erinnert mehr an jene Stahlgewitter, die hier noch vor fünf Minuten beinahe für "Breaking News" auf CNN gesorgt hätten. Sie ist wieder die Honigsüße.

Jetzt gibt es zwei mögliche Szenarien - die erste: Ich werde mein (zartrosa) Hemd nie mehr wiedersehen, sie wird es in einer halben Stunde unter irgendeinem Vorwand in den Gartenshredder unseres Nachbarn (der gerade einen Carport errichtet, der an einen Expo-Pavillon erinnert) verschwinden lassen. Oder zweitens: Es trägt ein Kainsmal - in dicken Lettern (vorzugsweise schwarzer Edding) wird auf der Brustseite zu lesen sein: "Ich habe für diese Falten Stunden meines kostbaren Lebens verschwendet!"

Ich beschließe, erst einmal Spazieren zu gehen..

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